Ob im Kühlregal des Supermarkts, auf der Speisekarte des Eckbeisls oder in unzähligen TV-Kochshows – alles dreht sich jetzt um die Gans. Was den Amerikanern ihr Truthahn zu Thanksgiving, scheint für uns Mitteleuropäer das Martinigansl zu sein. Schon weit vor dem Martinstag, dem 11. November, beginnt allerorten die Ganslzeit.
Wie es zu dem Festival fürs Federvieh kam? Nicht aus den touristischen Gründen, die heute oft dominieren – nämlich Leben in eine an sich tote Saison zu bringen. Sondern aus Erinnerung an eine Legende über den Heiligen Martin: Den wollten die Bürger von Tours im französischen Loiretal im vierten Jahrhundert zu ihrem Bischof wählen – gegen dessen Willen. Denn der asketische und bescheidene Mann hielt sich unwürdig für solch ein hohes Amt versteckte sich deshalb in einem Gänsestall. Doch die Gänse schnatterten so aufgeregt, dass er gefunden und geweiht werden konnte.
Aber war das ein Grund, das Geflügel gleich zu verspeisen?
Eine andere Legende berichtet von einer in die Kirche watschelden Gänseschar, die Martin bei seiner Predigt störte. Die Tiere sollen eingefangen und zu einer Mahlzeit verarbeitet worden sein. Das kommt dem Martinigansl unserer Tage schon näher.
Ein anderer, historischer Erklärungsversuch des Brauchs hat nur indirekt mit dem Heiligen Martin zu tun. In Zeiten des Lehenswesens mussten die Bauern zum Martinstag eine Abgabe entrichten. Und die bestand häufig, erraten, aus einer Gans. Und weil der Martinstag oft mit Musik und Festtagsschmaus verbunden war, bot es sich an, gleich eine weitere Gans als Festessen zuzubereiten. Aber soweit in die Vergangenheit wollte ich nicht wirklich recherchieren.
Um ehrlich zu sein: Ich wollte ein knusprig gebratenes Gansl genießen, nicht mehr und nicht weniger. Kein gestopftes, also während der Aufzucht zwangsernährtes und dadurch (fett-)leberkrankes Exemplar, sondern eine heimische Weidegans (in Österreich ist diese Art von Gewalt-Mast verboten). Über die wollte ich mehr erfahren.
Ich bekam einen Tipp: "Fahr von 13. bis 15. Oktober ins Burgenland nach Rust, dort bist du beim Gans Burgenland-Genussfestival mitten im Thema. Und vielleicht triffst du dort auch auf einen Typ mit langen Haaren und wallender weißer Toga herum, der weiß alles."
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