Wenn die Einheimischen San Mateo feiern, geht im über 1.000 Jahre alten Zentrum Cuencas die Post ab. Von den rund 55.000 Bewohnern der Stadt leben zwar nur etwa 2.000 in der Altstadt. Doch heute ist gefühlt ganz Cuenca hier. Heute, das ist der 18. September. Dieser Tag markiert jedes Jahr den Beginn des San Mateo Festivals, das dem historischen Zentrum auf dem malerischen Felsplateau zwischen zwei Flüssen. vier Tage lang neues Leben einhaucht. Gefeiert wird die Befreiung Cuencas von den Mauren durch König Alfons VIII. im Jahre 1177. Heutzutage liegt der Fokus vor allem auf Zurra, der hiesigen Sangria. Überall zwischen den jahrhundertealten Gebäuden haben Vereine, Peñas genannt, ihre Stationen aufgebaut. Dort fließt der Alkohol in Strömen und laute Musik, von traditionellen Liedern bis Techno, lädt zum Tanzen ein. Manche Peñas bestehen aus grummeligen älteren Herren, andere gleichen einer Klassenfahrt. Außerdem darf ein Stierlauf nicht fehlen, Cuenca spart sich allerdings das blutige Gemetzel à la Pamplona. Die Stiere werden nicht getötet.

Auf Don Quijotes Spur
Die Region Kastilien-La Mancha beherbergt nicht nur legendäre Windmühlen. Südöstlich von Madrid warten auch malerische Altstädte mit herzhafter Küche auf.
Obwohl sie seit 1996 UNESCO-Weltkulturerbe ist, ähnelt die Altstadt Cuencas während des Festivals einer Partymeile. Ansonsten geht es vergleichsweise gemächlich zu. Unser Guide Pablo erzählt: „Oben in der Altstadt gibt es keine Supermärkte, es gibt keine Lifte in den Häusern, aber es ist trotzdem teuer. Wir bezahlen dafür, dass UNESCO draufsteht.“ Der Platz auf dem Plateau ist bis auf den letzten Meter gefüllt. Drei erhaltene, gut 500 Jahre alte Casas Colgadas (hängende Häuser) drängen sich bis an die senkrecht abfallende Felswand, ihre Balkone schweben über dem Abgrund. Wer die Altstadt verlässt und vom anderen Flussufer auf die Casas Colgadas zurückblickt, genießt einen spektakulären Anblick.

Kastilien-La Mancha
Lage: im Zentrum Spaniens, grenzt an Madrid
Fläche: ca. 79.463 km² – vergleichbar mit der Fläche Österreichs
Bevölkerung: ca. 2 Millionen
Wesentlichste Städte: Toledo, Albacete, Cuenca
Wirtschaft: das größte Weinbaugebiet Spaniens, Manchego-Käse
Don Quijotes Windmühlen entdecken
Die autonome Gemeinschaft Kastilien-La Mancha grenzt südöstlich an Madrid und verdankt ihren Ruhm vor allem Miguel de Cervantes. Der Schriftsteller schickte seinen aus der Zeit gefallenen Ritter Don Quijote im 1605 erschienenen, gleichnamigen Roman auf Abenteuerreise durch die Region. Davon zehrt der Tourismus noch über 400 Jahre später. In diesem Lokal soll Don Quijote gespeist und in jener Herberge genächtigt haben. Allerorts stehen Statuen des Ritters aus Blech, Holz, Papier und sogar aus Marzipan – doch dazu später mehr.
Die Windmühlen, die Don Quijote im Roman bekämpft, gibt es laut Historikern wirklich. Sie thronen auf einer Hochebene über der Stadt Campo de Criptana, gute eineinhalb Autostunden südwestlich von Cuenca. Von den zehn Mühlen sind nur drei original erhalten, sonst handelt es sich um auf Ruinen errichtete Hüllen im Originallook. Die Windmühlen von Campo de Criptana sind ein beeindruckender, aber auch melancholischer Ort. Der karge Boden, auf dem sie stehen, will gar nicht zu dem passen, was Kastilien-La Mancha in kulinarischer Hinsicht bietet.

Gaumenfreuden im Überfluss
Das erfahre ich im Laufe meiner fünftägigen Tour am eigenen Leib. Reiseleiterin Marta erklärt, dass die Menschen in Kastilien-La Mancha nicht so offen und leidenschaftlich sind wie die andalusischen Nachbarn im Süden. Ihre „love language“ ist das Essen und Trinken. Gemischte Vorspeisen, danach gigantische Portionen Fleisch oder Fisch, der frisch von der Küste geliefert wird, dazu Wein aus der Gegend sowie himmlische Desserts. So reichhaltig wird sowohl mittags als auch abends gegessen. Und obwohl die Kellner stets freundlich sind, merke ich, dass es sie schmerzt, wenn ich das Nachschenken irgendwann dankend ablehne oder das halbe Kilo vorzüglich gegrilltes Fleisch nicht ganz schaffe.
Diese Leidenschaft zeigt sich auch beim Besuch der Quesería Valdivieso nahe Campo de Criptana. Hier produziert Luis de la Vega in fünfter Generation den berühmten Manchego-Käse. Beim Rundgang durch die Käserei betont er mit leuchtenden Augen, dass sein Käse immer noch besser werden kann. Daran arbeitet er mit Feuereifer. Nur wenige Kilometer weiter schwärmt der Winzer Miguel Castiblanque von der Arbeit auf seinem Weingut und gerät bei der Verkostung beinahe in Verzückung. Seine erstklassigen Weine verkauft er ab Hof um preiswerten sechs Euro pro Flasche. Kastilien-La Mancha produziert 52 % des spanischen Weins.
Geschichte und Genuss in Toledo
Vom Weingut aus fahre ich eine gute Stunde mit dem Auto nach Almagro. Die Kleinstadt mitten im Flachland ist wegen ihres pittoresken Hauptplatzes und gut erhaltener Bauten wie dem Corral de comedias, einem Theater aus dem 17. Jahrhundert, unbedingt einen Abstecher wert.
Von hier aus trete ich die letzte Etappe an: Eine knappe Stunde südlich von Madrid liegt Toledo. Die Anreise über die Panoramastraße ist Pflicht. Wie in Cuenca liegt die UNESCO-geschützte Altstadt auf einem Plateau und stellt von der Aussichtsplattform am Straßenrand ein spektakuläres Fotomotiv dar. In den verwinkelten Gassen des Zentrums leben rund 12.000 der rund 86.000 Einwohner der Stadt. Sie können keinen Schritt tun, ohne auf Geschichte zu treffen. Das liegt nicht nur an der bewegten Historie, in der Mauren, Christen und Juden eine große Rolle spielen, sondern auch an der Tatsache, dass Toledo bis 1561 Spaniens Hauptstadt war. Die gigantische Kathedrale mit ihren elf Orgeln erhebt sich nicht nur imposant über die Dächer der Stadt, sie ist auch von innen äußerst sehenswert. Das Wahrzeichen der Stadt kann auch nachts besichtigt werden. Dann verzaubert eine aufwendige Lichtshow das alte Gemäuer. Einige andere Gotteshäuser beherbergten im Laufe ihrer Geschichte mehrere Religionen. Wie die 999 als Moschee erbaute Kirche El Cristo de la Luz.

Toledo bezaubert aber nicht nur Geschichts-Freaks, sondern auch Romantiker. Besonders nach Einbruch der Dunkelheit. Beim Dinner im Parador de Toledo (s. Kasten) bietet sich ein atemberaubender Blick auf die Stadt. Den süßen Abschluss meiner Reise bildet das handgemachte Mazapán de Toledo, neben dem unser handelsübliches Marzipan wie billiges Fast Food wirkt. Im Flieger heimwärts kann ich mich nicht beherrschen. Das war’s dann wohl mit dem Mitbringsel.

5 Reise-Tipps der Redaktion
- Reisezeit: Im Hochsommer herrscht in Kastilien-La Mancha Hitzealarm. Die Temperaturen steigen auf rund 40° Celsius.
- Essen: Die Spanier kochen gerne riesige Portionen. Deshalb: Die Vorspeise lieber teilen. Vegetarier und Veganer werden fündig, die meisten Speisen beinhalten aber Fleisch oder Fisch.
- Schuhwerk: Die Altstädte auf unserer Tour sind allesamt recht grob gepflastert und teils an steilen Hängen gelegen. Schuhe mit Absatz können zu Hause bleiben.
- Marzipan: Das beste „Mazapán de Toledo“, idealerweise in Pinienkernen gewälzt, gibt es in der Calle de Santo Tomé in der gleichnamigen Backstube.
- Paradores: Wer gerne besonders schön nächtigen will, bucht in einem Parador. Dabei handelt es sich um Hotels, die von der spanischen Regierung betrieben werden und mindestens vier Sterne haben. Die Paradores sind oft historische Gebäude wie Kloster, Burgen etc. und spektakulär gelegen. So auch in Cuenca, Almagro und Toledo.
Information & Buchung
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Mehr Infos unter der Hotline Tel. 01 711 99 34000 und in den Filialen von ÖAMTC Reisen.
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