Die Trulli-Häuser von Alberobello, etwa 50 Kilometer entfernt von Bari, sehen aus wie kleine Hütten für Trolle. Ihre berühmten Steindächer ähneln Zipfelmützen. Aus einem der vielen Trulli schauen Nicola Lacatena und seine Frau Maria Abbracciavento heraus. Laufend kommen kleine Reisegruppen, um sich ihr Heim – ihren authentischen Trullo – anzuschauen. Danach werden die Urlauber lernen, wie Pasta geformt wird. Unser Guide Sascha übersetzt das Gespräch, denn mehr als ein "Buongiorno" gibt der italienische Wortschatz nicht her. Warum wird gerade dieses Ehepaar besucht? "Weil sie noch immer hier wohnen", erklärt Sascha. "Sie sind fast die Einzigen in ganz Alberobello." Alle anderen Rundhäuser dienen bereits als Souvenirgeschäft oder sind an Kurz-Urlauber vermietet.
Wo Häuser Hauben tragen
In Apulien bezaubern die steinernen Trulli-Häuser Reisende mit ihrer schlichten Schönheit. Schwer zu glauben, dass sie gebaut wurden, um Steuern zu sparen.
Bis 1988 habe ich mit meiner Familie in unserem Trullo gewohnt, heute kommen wir nur tagsüber her.
Pasquale Scistri, Trullo-Besitzer
Nur wenige Trulli befinden sich noch in Familienbesitz. Doch selbst diese Familien schlafen nur mehr selten in den urigen Häusern. Sie haben komfortablere Wohnungen und kommen nur tagsüber, um die Kühle im Trullo zu genießen. "Wir wohnen seit 1988 in der Neustadt, kommen aber während der heißen Jahreszeit täglich in unseren Trullo", erzählt Pasquale Scistri, der am Haus-Eingang Touristen willkommen heißt. Auch die Türen von Nicola und Maria stehen für Urlauber immer offen. Ihr kleines Häuschen ist heute fast ein Museum. Die Einrichtung ist original, Bilder ihrer Vorfahren zieren den Raum und erzählen von der vergangenen Zeit. "Natürlich freuen sich die Familien über Spenden", lächelt unser Guide.
Von der Feldhütte zum Touristenmagnet
Alberobello ist eine – für italienische Verhältnisse – junge Stadt. Entstanden ist sie im 15. und 16. Jahrhundert und hat vorwiegend arme Menschen beherbergt. Sind doch Trulli nichts anderes als einfache Feldhütten. Graf Giangirolamo II Acquaviva dʼAragona hätte an den König für die Errichtung der Stadt eine spezielle Steuer entrichten müssen. Um diese Abgabe zu umgehen, ließ er sich etwas einfallen. Steuerrechtlich galten Trulli damals nicht als Haus. "Noch billiger hätte man nicht bauen können", lacht Sascha. "Mit Lesesteinen, aufgeklaubt aus den Feldern, wurden diese 'Zelte' gebaut, ohne Fundament und Mörtel." Die platten Kalksteine wurden sowohl für die Errichtung von Trockenmauern als auch zum Decken der Dächer verwendet.
Der Steuertrick ging bis ins Jahr 1791, dann wurde die Neustadt errichtet, mit echten Häusern sozusagen. Die meisten Bewohner waren allerdings zu arm, um zu übersiedeln. Sie sind in ihren Trulli geblieben. 1905 wurde die Stadt unter Nationalschutz gestellt. In den 50er- und 60er-Jahren sind die meisten Bewohner ausgezogen. Seit 1996 zählt die Altstadt von Alberobello zum UNESCO-Weltkulturerbe.
Entschleunigung am Stiefelabsatz
Alberobello ist ein wahrer Touristenmagnet. Dabei ist Apulien noch immer nicht so extrem überlaufen wie andere Regionen Italiens, obwohl zahlreiche Sehenswürdigkeiten warten. Besonders beeindruckend ist beispielsweise die Barock-Stadt Lecce mit ihren Kulturdenkmälern und Kirchen aus Sandstein. Sie wird oft als "Florenz des Südens" bezeichnet.
Beliebt bei Urlaubern ist auch Ostuni, die weiße Stadt aus Kalkstein. "Die Mauern wurden früher mit Kalk weiß gestrichen, um Wände zu desinfizieren", erklärt unser Guide Sascha. "Die Kirchen sind unverputzt, da es als Privileg galt, den Naturstein zu zeigen." Einheimische sieht man hier kaum, die meisten sind aus der historischen Altstadt in moderne Häuser übersiedelt. "Der Tourismus zeigt sich hier positiv, denn es ist für den Erhalt der Gebäude wieder Geld vorhanden. Die Stadt sieht wieder viel gepflegter und einladender aus", erzählt Sascha.
Auch die Stadt Locorotondo erstrahlt in Weiß. Einzigartig sind die Weingärten rund um den Ort. Im Sommer lässt man den Tag am besten hier bei Sonnenuntergang und einem Glas Wein ausklingen. Das Essen darf übrigens mitgenommen werden. Das ist Dolce Vita – die von Genuss und Lebensfreude geprägte Lebensweise der Italiener.
Herstellung der Krippenfiguren aus Papiermaché
Fünf Tipps der Redakteurin zu Apulien
1. Alberobello: Die Hauptstadt der Trulli ist von Tagesgästen sehr überlaufen (vor allem, wenn ein Kreuzfahrtschiff in Bari anlegt). Aber: Wer hier nächtigt oder vor zehn Uhr kommt, teilt die Trulli mit nur wenigen Urlaubern.
2. Die weißen Städte: Locorotondo ist nicht so touristisch wie Ostuni. Abends die Stadt besuchen und ein Glas Wein zwischen den Weinreben trinken.
3. Shoppen in Otranto. In der Altstadt gibt es viele kleine Boutiquen: Schmuck, Sommerkleidung, Schuhe, Geschirr – und viel Souvenir. Die Lieblingsboutique der Redakteurin: "Bijondo", Corso Garibaldi 38.
4. Klares, türkisfarbenes Wasser, weiße Strände: Ein Teil der ionischen Küste wird als "die Malediven Italiens" bezeichnet – insbesondere rund um den Ort Pescoluse, zwischen den Städten Gallipoli und Santa Maria di Leuca. Aber auch wer Monopoli, Otranto oder Polignano a Mare besucht, sollte sich Badesachen einpacken, um sich abzukühlen. Das Meer ist glasklar.
5. Neuer Kaffeetrend? Espresso Tonic um 5 Euro im Serafini Eno Bistrot in Polignano a Mare. Sehr erfrischend und auch leicht daheim nachzumachen. Einfach Eiswürfel in ein schönes Weinglas geben mit Tonic auffüllen und zum Schluss einen Espresso hinzugeben. Dass der Kaffee in Italien nur einen Bruchteil von unserem kostet, ist bekannt: Espresso 1,50 Euro, Cappuccino 2 Euro. Apulien ist aber generell eine Spur günstiger als bei uns in Österreich.
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