Es ist erstaunlicherweise wärmer als daheim: 19 Grad – von wegen sibirische Kälte. Hier gibt's im Gegensatz zu anderen Städten Russlands noch Lenin-, Karl-Marx- oder Friedrich-Engels-Straßen. "Ja", sagt Natascha, "Moskau ist weit weg…" Stalin kommt aber auch hier nicht mehr vor. Nicht einmal im Heimatkundemuseum, wo der "Große Vaterländische Krieg", wie der Zweite Weltkrieg in Russland genannt wird, durchaus Thema ist.
Denkmäler stehen überall – egal aus welcher politischen Ära. Von jenem Kosaken, der Irkutsk vor etwa 400 Jahren als Befestigung gegen die Mongolen gründete, von Lenin, Offizieren, Fürsten und Zar Alexander III., der den Bau der Transsib beschloss. Und von Grigori Iwanowitsch Schelichow, der auch als "russischer Columbus" bekannt ist. Er zog im 18. Jahrhundert über die Beringsee und nahm Teile von Alaska und die heutige US-Westküste bis runter nach Kalifornien in russischen Besitz.
Kurios: Irkutsk war somit Verwaltungssitz der nordamerikanischen Westküste. 1866 verkaufte der Zar alles für einen Bettel an die Vereinigten Staaten. Aber Irkutsk ist immer noch Hauptstadt einer großen Region: Das "Oblast Irkutsk", das "Irkutsker Gebiet", ist mit 774.846 Quadratkilometern so groß wie Deutschland, Österreich und Italien zusammen.
Erstaunlich viele Kirchen haben die stalinistische Zerstörungswelle überdauert. "Das ist einfach zu erklären", sagt Natascha, "sie wurden weiter verwendet, weil es nur wenige Steinbauten gab. Als Bäckerei, Garage, Werkstatt, Museum, Bücherei, Konzertsaal oder Lagerhalle." In den 1990er-Jahren wurden die hauptsächlich russisch-orthodoxen Kirchen an die Glaubensgemeinschaften zurückgegeben und mit privaten Spenden renoviert. Alte Ikonen sehen wir kaum, die meisten waren vernichtet und im Zuge der Renovierungen durch moderne ersetzt worden. Fotografieren ist aber sowieso verboten, mit Ausnahme der Gotteserscheinungskirche.
Aha-Erlebnis im Hotel: Nicht nur, dass es WLAN überhaupt gibt. Es funktioniert wunderbar, wie in allen folgenden Unterkünften auch. So gut (und überall kostenlos), dass sich manch mitteleuropäisches Hotel ein Beispiel nehmen sollte. Von wegen "von der Welt abgeschnitten", wie uns einige vorhergesagt hatten.
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