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November 2024

Wer hat’s erfunden?

Wie es zu zehn bedeutenden Erfindungen unserer individuellen Mobilität kam und wo aktuell besonders viel in Ideen investiert wird. 

Wussten Sie, dass es Crashtest-Dummys, so wie man sie heute von Bildern und Videos kennt, erst seit Mitte der 1970er-­Jahre gibt? Zu sehen ist in der Regel ein Nachkomme des sogenannten Modell Hybrid III, der 1976 von General Motors vorgestellt und danach von der gesamten Autobranche übernommen wurde. Spannend ist der Hinweis auf das Dummy-Geburtsjahr insofern, weil die Unfallforschung bereits vierzig Jahre davor begann, die Folgen eines Aufpralls auf den menschlichen Körper zu untersuchen. Aber wie, ohne Dummy? Nun, seinerzeit wurden mangels fehlender Technik kurzerhand Leichen für Crashtests verwendet.

Aber nicht alle Erfindungen haben einen derart langen und makaberen Vorlauf. Das Lenkrad beispielsweise feierte quasi von heute auf morgen seinen Durchbruch. Es war der Franzose Alfred Vacheron, der sich 1894 an der unpräzisen Steuerung seines Vehikels störte und daher das Lenkrad inklusive entsprechender Lenkung erfand. Dazu muss man wissen, dass Autos bis dahin nur mit Lenkhebeln oder -kurbeln ausgestattet ­waren. Seit seiner Erfindung ist das Lenkrad jedenfalls nicht mehr aus dem Auto wegzudenken.

Ähnliches gilt für den Reifen. Richtig ins Rollen brachte seine Entwicklung der Schotte John Dunlop. Angeblich vom ständigen Lärm genervt, den das Dreirad seines Sohnes beim Überfahren von Unebenheiten erzeugte, suchte er nach einer geräuscharmen Lösung. Aus Gummistreifen, Leinenfetzen, ­einem Schnuller und einer Stricknadelspitze entwickelte er 1888 den luftgefüllten Reifen – und damit einen echten Meilenstein in der Geschichte der Mobilität.

Aber wie entstehen heute Innovationen? Wo wird viel erfunden? Was passiert(e) in Österreich? Woher kommt das Geld für die Forschung und welche thematischen Schwerpunkte sind für die Zukunft von besonderem Interesse? Wir werfen einen Blick auf eine unglaubliche große aber auch faszinierende Welt voller Ideen.

Vorab aber ein Quiz zu 7 wichtigen Erfindungen der Mobilität. Einige der Fragen sollten nach Lesen der Einleitung bereits richtig beantwortet werden können, die anderen Antworten verstecken sich im folgenden Text. Good luck :)

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7 Fragen, 7 richtige Antworten

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Innovationen aus Österreich

Die vielleicht bekannteste heimische Erfinderin ist Hedy Lamarr. Ohne Hedwig Kiesler, so der bürgerliche Name der 1914 geborenen Wienerin, würden wir heute Technologien wie GPS, WLAN oder Bluetooth wohl kaum so selbstverständlich nutzen. Kiesler, die in ihrer ersten Karriere nach der Auswanderung in die USA in den 1930er- und 1940er-Jahren als Holly­wood-Star Hedy Lamarr Furore machte, begann nach dem Kriegseintritt der USA, sich im Kampf gegen die Nazis zu ­engagieren und als Erfinderin Patente zu entwickeln – darunter auch das sogenannte Frequenzsprungverfahren, ein störungssicheres Steuersystem für Torpedos, das als Grundlage moderner drahtloser Datenübertragungssysteme gilt. Spannend ist, dass sie ganz offensichtlich technisch begabt war, tatsächlich aber nie eine entsprechende Ausbildung erhielt. Für die Realisierung und Formulierung ihrer Ideen suchte sie die Zusammenarbeit mit anderen Forscher:innen.

Unzähligen Österreicher:innen bekannt ist natürlich auch die Marke Puch, nämlich für Zwei- ebenso wie Vierräder. Begonnen hat alles mit Johann Puch und seiner Fahrrad-Werkstatt in Graz im Jahr 1889. Bereits einige Jahre später, genauer gesagt 1896, ließ er sich die Idee für ein faltbares Fahrrad patentieren. In den folgenden Jahrzehnten durchlebte das Unternehmen zahlreiche Höhen und Tiefen, Reste des Konzerns wurden 1998 von der Magna Holding übernommen.

Genug in der Vergangenheit gewühlt. Wie sieht es gegenwärtig mit dem Erfindergeist in puncto Mobilität aus? Wo wird besonders viel geforscht?

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So richtig los ging es mit selbstfahrenden Autos auf öffentlichen Straßen Mitte der 2010er-Jahre. Heute gehören Modelle wie der Jaguar I-Pace von Waymo in einigen US-amerikanischen Städten zum Straßenbild.

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Erfindergeist, wo bist Du daheim?

Werfen wir zunächst einen Blick nach Österreich. Wenn es um Grundlagenforschung geht, kommt man an wissenschaftlichen Hochburgen wie dem Austrian Institute of Technology (AIT) oder den Technischen Universitäten (TU) in Wien und Graz natürlich nicht vorbei. Während sich das AIT vor ­allem im Bereich der Batterieforschung einen Namen gemacht hat, widmen sich die Technischen Universitäten recht konkret der Entwicklung alternativer Antriebsstränge und – damit verknüpft – Themen der Infrastruktur und Energieversorgung.

Abseits der Hochschulen sind freilich zahlreiche Firmen sprudelnde Quellen in Sachen Erfindungen; um nur einige in alphabetischer Reihenfolge zu nennen: Aviloo (Batteriediagnose), AVL List (Automobilkomponenten), BMW, KTM, Magna Steyr (Automobilproduktion), Miba (Automobilkomponenten), Rotax (Motoren), ZKW (Scheinwerfer).

Eine Nachfrage beim Österreichischen Patentamt ergab übrigens, dass in Österreich alleine im Jahr 2023 einige Hundert Erfindungen aus der Welt der Mobilität zum Patent angemeldet wurden. Angesichts von insgesamt nur rund 2.200 Anmeldungen, ist das ein recht beträchtlicher Anteil.

Weltweit gibt es unzählige Innovations-Hotspots mit Bezug zur Mobilität. Grob gesagt vor allem überall dort, wo große Softwareunternehmen oder die Automobil- und Zweirad-Industrie mit all ihren Komponenten-Zulieferern besonders präsent sind, also etwa in Japan, China, Südkorea, Europa und den Vereinigten Staaten.

Die wirklich guten Erfindungen haben immer auch im Fokus, das Leben für alle besser und sicherer zu machen!

Stefan Harasek, Präsident des Österreichischen Patentamtes

Von der Idee zur bahnbrechenden Erfindung

An dieser Stelle vielleicht ein kurzer Exkurs: Welche Kriterien sind eigentlich entscheidend, damit eine Erfindung richtig durchstarten kann? Stefan Harasek, Präsident des Österreichischen Patentamtes: „Die wirklichen Gamechanger haben immer auch im Fokus, das Leben für alle besser und sicherer zu machen. Der wirtschaftliche Erfolg kommt dann noch dazu." Aus Sicht der Konsument:innen bedeutet das vor allem Benutzerfreundlichkeit, Bedürfnisbefriedigung sowie preis­liche Attraktivität. Aus gewerblicher Sicht sind technische Mach- und Patentierbarkeit sowie eine gewisse Skalierbarkeit wichtig.

Apropos Patentierbarkeit. Dass manche Erfindungen schon bald in ähnlicher Form aber unter anderem Namen auftauchen, liegt womöglich an mangelndem Patentschutz, eventuell auch an fehlenden finanziellen Mitteln. Denn: Sicherheit kostet Geld, je weitreichender die Erfindung geschützt werden soll, desto teurer wird es. Ein europäisches Einheitspatent, das in 18 Ländern gilt, schlägt in den ersten Jahren mit rund 5.600 Euro zu Buche, zuzüglich Kosten für die Formulierung der ­Patentschrift, die bis zu 15.000 Euro betragen können.

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Woher das Geld für Ideen kommt

Hierzulande ist die Österreichische Forschungsförderungs­gesellschaft (FFG) die zentrale Anlaufstelle für öffentliche Förderungen. 2023 wurden rund 1,8 Milliarden Euro an Förderungen vergeben, davon betrafen knapp 17 Prozent oder umgerechnet circa 306 Millionen Euro den Bereich Mobilität.

Inno­vator:innen ohne Zugriff auf staatliche Förderungen besorgen sich das notwendige Eigenkapital hingegen gerne via Crowdfunding-Plattformen. Diese Form der Gruppenfinanzierung basiert auf Spenden, finanziellen und/oder materiellen Gegenleistungen, manchmal auch Unternehmensbeteiligungen. Der chinesische Elektro-Roller-Hersteller Niu ist auf ­diese Weise entstanden, ebenso die ikonische E-Bike-Firma VanMoof oder das eben erst aufgrund finanzieller Turbulenzen in die Medien gekommene Luftfahrtunternehmen Lilium.

Wieviel Geld weltweit für Innovationen im Bereich der Mobilität ausgegeben wird, lässt sich nicht seriös erheben, zu groß und zu divers gegliedert ist dieser Bereich. Ausgehend von Investitionen, die allein im Bereich der Automobilindus­trie getätigt werden, kann aber wohl von mehreren Hundert Milliarden Euro ausgegangen werden.

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Die Erfindung des Rollstuhls vor über vierhundert Jahren hatte nicht nur Menschen mit körperlichen Einschränkungen im Sinn, sondern auch betuchte Personen, die es edler fanden, von A nach B geschoben zu werden.

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Echte Meilensteine der Mobilität

Fest steht natürlich auch, dass viele Innovationen direkt in Unternehmen entwickelt werden. So wie der noch heute weltweit übliche Drei-Punkt-Gurt. Er wurde 1958 vom Schweden Nils Bohlin patentiert, der als Sicherheitsingenieur bei Volvo arbeitete, als Erster einen Becken- mit einem diagonalen Schultergurt kombinierte und so eines der wesentlichsten ­Sicherheitsmerkmale im Automobilbau schuf. Das erste Auto mit serienmäßigem Drei-Punkt-Gurt war übrigens der Volvo PV544, liebevoll auch Buckelvolvo genannt.

Eine weitere Erfindung, die unsere Mobilität seit den 1990er-Jahre maßgeblich verändert hat, war das Navigationssystem auf GPS-Basis. Aufgrund einer Signalverzerrung durch das US-Militär aus Sicherheitsgründen war die Genauigkeit per Satellitenortung zunächst mehr schlecht als recht. Dies änderte sich in den 2000er-Jahren, als die Signalstörung beendet wurde. Bald darauf kamen erste mobile Navis von TomTom und Garmin auf den Markt, die mit ihren bunten Wegdarstellungen häufig das Cockpit zierten.

Allgegenwärtig und aus dem Straßenbild nicht mehr wegzudenken sind natürlich auch Bodenmarkierungen. Die ersten gab es bereits um 1920 in den USA, meist als unmittelbare Folge des zunehmenden Verkehrs. Schon damals wurde damit versucht, den Verkehr in geregelte Bahnen zu lenken und auf Gefahrenstellen hinzuweisen. Zunächst wurden diese Markierungen per Hand aufgetragen, mit dem Beginn des Autobahnbaus entwickelten sich Qualität und Quantität rasant weiter.

Per se zu behaupten, dass Innovation aus Nachhaltigkeitsgründen vorangetrieben wird, das ist mit Sicherheit nicht richtig.

Stefan Carsten, Trendforscher

Und was ist mit der Nachhaltigkeit?

Speziell, wenn es um die Mobilität der Zukunft geht, ist die Hoffnung groß, dass künftige Innovationen dabei helfen, die CO2-Emissionen zu reduzieren. Trendforscher Stefan Carsten hat eine klare Meinung: „Innovation kann schon nachhaltig sein, wenn zum Beispiel künstliche Intelligenz dabei hilft, Routen zu optimieren und den Besetzungsgrad in autonom fahrenden Taxis zu erhöhen. Oder wenn neue Technologien für mehr Effizienz bzw. weniger Emissionen sorgen. Aber per se zu behaupten, dass Innovation aus Nachhaltigkeitsgründen vorangetrieben wird, das ist mit Sicherheit nicht richtig.“

Innovationen mit Zukunftspotenzial

Womit wir bei der Frage angekommen wären, woran gerade besonders intensiv getüftelt wird: autonomes Fahren, elektrifizierte bzw. rein elektrische Antriebe, Batterieentwicklung, künstliche Intelligenz, Vernetzung von Verkehrsmitteln – das sind die Themen, die das Geschehen prägen.

Apropos selbstfahrende Autos. Die Google-Tochterfirma Waymo ist mit ihren selbstfahrenden Taxis nicht nur einer der Pioniere auf diesem Gebiet, sondern mittlerweile Markt-
führer. Bereits 2012 fuhren erste Fahrzeuge in den USA auf ­öffentlichen Straßen, damals noch sicherheitshalber mit ­einem Fahrer hinter dem Steuer. Aktuell betreibt Waymo in vier US-amerikanischen Großstädten komplett selbstfahrende ­Taxis. Fahrer, die im Notfall eingreifen, müssen mittler­weile nicht mehr an Bord sein.

Geradezu banal muten im Gegensatz dazu Tretroller mit Elektroantrieb an, die dem Zufußgehen gerade den Rang ablaufen. Der erste, von einem 1,5-PS-Benziner angetriebene Tretroller wurde 1915 von Arthur Gibson patentiert. E-Scooter, wie sie im Straßenbild alltäglich sind, wurden hingegen erst in den 2010er-Jahren populär.

Fun Fact zum Abschluss: Dass vor über 400 Jahren der Rollstuhl erfunden wurde, ist vermutlich nicht überbordender Nächstenliebe geschuldet, sondern eher adeliger Bequemlichkeit. Komfort war schon immer ein Innovations-Turbo.

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