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© Peter Pisecker
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April 2019

Besuch in der Tesla Factory

auto touring war dort, wo Model S, Model X und Model 3 entstehen. Und deren Sitze.

Auf dem Firmenparkplatz steht alles Mögliche. Vierzylinder, Sechszylinder, Achtzylinder. Chevrolets, Toyotas, Hondas, Fords. Teslas? Nicht viele. Eigentlich fast überhaupt keine Elektroautos.

Die Haupt- und momentan noch einzige Produktionsstätte* von Tesla, die Fremont Factory, ist auf den ersten Blick eine Autofabrik wie viele andere. War sie ja auch einmal.

*) Ab Ende 2019 soll das Model 3 auch in einer neuen Tesla-Fabrik in China produziert werden.

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1 Die Tesla Factory in Fremont, Kalifornien. Zehntausend Menschen arbeiten hier. © Tesla

2 Tesla bietet nicht nur Jobs, sondern auch Ausbildung für junge Facharbeiter/-innen.  © Werk

3 Produktion der Türen für das Model S.  © Peter Pisecker

1962 von General Motors errichtet, wurden hier 20 Jahre lang Chevrolet Chevelle, Pontiac Le Mans und GTO, Buick Century und Regal gebaut. 1982 brachte GM die Fabrik in ein Joint Venture mit Toyota ein, genannt NUMMI (New United Motor Manufacturing, Inc.). Die Amerikaner wollten hier von den Japanern "lean manufacturing" lernen, Toyota suchte eine erste Basis für die US-Produktion.

Fortan liefen hier Autos der GM-Marken Chevrolet und Geo sowie Toyota-Picks-ups vom Band. Als letztes NUMMI-Produkt wurde hier bis 2009 noch der Pontiac Vibe gefertigt, ein hässlicher Kompaktwagen auf Toyota-Corolla-Basis. Das war das Jahr, in dem GM die glanzvolle Marke Pontiac einstellte.

Elon Musk kaufte das Werk 2010 um 42 Millionen Dollar, das war praktisch geschenkt. Er übernahm einen Großteil der Belegschaft und investierte drei Milliarden Dollar in die Modernisierung der gesamten Anlage. Seit 2012 entsteht hier das Model S von Tesla, seit 2016 auch das Model X – beide auf ein- und derselben Produktionslinie. 2017 kam eine zweite hinzu: für das Model 3.

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Model-S-Karosserien.
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Model-3-Fronthauben.
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Die neue Model-3-Produktionslinie.

Diese Fertigungsstraße besteht aus weniger als 50 Arbeitsschritten – das sind rund 70 Prozent weniger als üblicherweise bei Produktionslinien anderer Hersteller. Das Model 3 ist deutlich einfacher konstruiert als Model S und X, seine Herstellung braucht weniger Arbeitsstunden und auf dem Platz, auf dem Tesla 50.000 Model S produziert, können fünfmal so viele Model 3 entstehen.

Über 400.000 Elektroautos hat Tesla bis heute weltweit auf die Straßen gebracht, sie alle entstammen dieser Fabrik.

Im Vergleich zu herkömmlichen Autowerken braucht Tesla keine Motoren- und Getriebefertigung, hier muss kein Antriebsstrang produziert werden und keine Katalysatoren für die Abgasreinigung. Dadurch wirkt die Fabrik an manchen Stellen ungewohnt geräumig – Platz ist gar kein Thema, viele Flächen stehen leer.

Das Hauptaugenmerk liegt auf dem Karosseriebau. Wo in anderen Werken der Antriebsstrang mit dem Wagenkörper verbunden wird (die "Hochzeit"), wird hier das Chassis mit installierter Batterie von unten an die Karosserie geklebt und gebolzt.

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Alle Linien laufen auf Hochtouren; Tesla produziert an der Kapazitätsgrenze. Auf Parkflächen rund um das Werksgelände stehen hunderte Exemplare aller Modelle (S, X, 3) und Dutzende mit fabrikneuen Teslas beladene Lastzüge zur Auslieferung bereit.

Besonders stolz ist Tesla auf die große Fertigungstiefe: Die meisten Bauteile entstehen in-house.

Autositze aus eigener Produktion

Ein herausragendes Beispiel für die Philosophie, möglichst alles selbst herzustellen, ist die Tesla-eigene Sitzfabrikation, nur drei Kilometer vom Hauptwerk entfernt. Sitze seien ein äußerst komplexes Bauteil, erklärt mir dort Anders Bell, Direktor für Passive Sicherheit, Sitze und Rückhaltesysteme. Denn man habe bei der Konstruktion von Autositzen mit fast allen Themen zu tun, die auch im Automobilbau selbst relevant sind: Crashsicherheit, Komfort, Leichtbau, Mechanik, Elektrik, Sensorik, Klimatisierung, verschiedene Materialien und so weiter.

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Anders Bell, Direktor für Passive Sicherheit, Sitze und Rückhaltesysteme (links), und Praveen Sharma, Leiter der Sitzproduktion.
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Mit der eigenen Sitzfertigung hatte Tesla im Herbst 2015 begonnen und sich damit von Zulieferern unabhängig gemacht. 700 Mitarbeiter/-innen produzieren hier 21.000 Autositze pro Woche und liefern sie just-in-time zur Hauptfabrik.

Weltweit stammen alle Autositze von nur vier großen Herstellern, kaum ein Automobilproduzent baut seine Sitze selbst. Bei Tesla heißt es, es komme tatsächlich so billiger, und ein weiterer Vorteil sei, dass jede gewünschte Änderung sofort in die Produktion einfließen könne. Bei einer Fremdfirma müsse man warten, bis die nächste Charge anläuft.

Noch spannender als ein Besuch in den Werken, in denen die Tesla-Automobile und deren Sitze produziert werden, wäre es, die Gigafactory im Norden Nevadas zu sehen – jene Batteriefabrik, die die weltweite Herstellungskapazität von Batterien glatt verdoppeln wird, sobald die Produktion voll angelaufen sein wird. Eine zweite Gigafactory wird in der Nähe von Shanghai in China errichtet. auto touring ist dran und wird so bald wie möglich eine der Gigafactories besichtigen – und darüber berichten.

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