Das Fahrzeug: Ein Straßenbahn-Triebwagen der Wiener Linien, Wagennummer 648, Baujahr 2000. Stolze 35,4 Meter lang (es gibt auch eine um 11,2 Meter kürzere Version), 2, 4 Meter breit, 43 Tonnen schwer, Platz für 207 Passagiere. Angetrieben von acht Elektromotoren mit insgesamt 480 kW (650 PS) Leistung.
Da steht er vor mir, der rot-graue Riese. Man nennt ihn "ULF" (Ultra Low Floor, Niederflur), weil sein Einstieg keine 20 Zentimeter über Schienenniveau und damit fast auf Gehsteighöhe liegt – ein entscheidender Vorteil für Fahrgäste mit Rollstühlen, Kinderwagen und Fahrrädern, ermöglicht durch den Verzicht auf waagrechte, also herkömmliche Achsen. Stattdessen verfügt die von Porsche Design entworfene, von den Siemens-Vorgängerfirmen SGP und Elin entwickelte und gebaute Garnitur über senkrechte Achsen. Klingt unmöglich, ist aber so: Es handelt sich um selbsttragende, auf den Rädern aufsitzende Fahrwerke, auf denen die Fahrmotoren und deren Steuerung angebracht sind. Von außen sind diese sechs Räder-Fahrwerks-Einheiten an ihrer grau lackierten Verkleidung zu erkennen. An ihnen hängen, gelenkig miteinander verbunden, die einzelnen Wagenkasten-Segmente mit ihrem Boden in einer Höhe von nur 22 cm sowie den Türen.
Genug der Theorie. Ich bin schon sehr gespannt, mich in die Rolle eines Straßenbahnfahrers hinein zu versetzen. In meiner Kindheit wollte sogar ich einige Zeit einer werden – und kurz darauf Taxifahrer. Heute bin ich berufsbedingt näher am Auto dran – und total neugierig, meine Perspektive zu ändern. Einmal zu erleben, wie sich so ein gut drei Millionen Euro teures Riesending fährt und wie man als Lenker/-in eines Schienenfahrzeugs den Autoverkehr erlebt. Denn ausweichen spielt's ja nicht.
Es geht los. Da ist schon Thomas Linsmeier, der Chefinstruktor für angehende Straßenbahnenfahrer/-innen in Wien. Hart sein Händedruck, herzlich seine Begrüßung. Er fackelt nicht lange herum, mein Crashkurs im Pilotieren einer Bim beginnt sofort.
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