Was mich antreibt!
Rallye-Co-Pilotin Cathi Schmidt im Portrait.
Wenn diese Powerfrau den Raum betritt, habe ich sofort ein Lächeln auf den Lippen. Von ihrer Positivität und Professionalität profitieren nicht nur wir Kolleg:innen, sondern auch jene Senior:innen, die unsere ÖAMTC-Fahrsicherheitstrainings absolvieren. Die Rede ist von Cathi Schmidt. Mit viel Engagement und Fingerspitzengefühl ist sie seit über 20 Jahren für die Organisation und Durchführung der Kurse verantwortlich. Was viele jedoch nicht wissen: Cathi zählt zu den begehrtesten Rallye-Co-Pilotinnen Österreichs.
Von den Anfängen in Teesdorf
Direkt nach der Schule bin ich über meinen Papa auf eine Stelle im Büro der ÖAMTC Fahrtechnik in Teesdorf aufmerksam gemacht worden. Er hat für Franz Wurz die Fahrzeuge der Verkehrserziehung 'Blick & Klick' konstruiert, außerdem leitete mein Papa ein erfolgreiches Rallye-Team (Schmidt Racing). Von klein auf war daher Motorsport ein fixer Bestandteil in meinem Leben. Fahrzeugtechnik hat mich auch seit jeher interessiert, außerdem war die damalige OSK (heute AMF) auch in Teesdorf ansässig – eine perfekte Kombination, dachte ich. Insofern wollte ich die Stelle unbedingt haben, für mich hat das gut gepasst. Zum Glück hat Franz Wurz das auch so gesehen. An meinen ersten Arbeitstag kann ich mich noch sehr gut erinnern: Ich bin mit meiner Vespa ins Zentrum gefahren, es hat aus Kübeln geschüttet und ich bin komplett durchnässt beim Franz angekommen. Er schaut mich an und sagt "So kannst aber ned arbeiten". Aus dem Fahrtechnik-Fundus hat er mir dann einen Jogginganzug in die Hand gedrückt.
Rückblickend kann ich sagen: Das war damals wirklich eine sehr schöne Zeit, ich habe gerne für Franz und das Team gearbeitet.
* Vater von Ex-F1-Pilot, zweifacher Le-Mans-Sieger und TV-Experte Alexander Wurz.
Ihr Antrieb
Der Wille zu höchstmöglicher Präzision treibt mich an. Das gilt für meinen Job beim ÖAMTC: Unsere Mitglieder und Trainingsteilnehmende zufriedenzustellen, gibt mir sehr viel. Es kommt aber natürlich auch für meine Leidenschaft als Rallye-Co-Pilotin zum Tragen. Ich möchte einfach am Ende jeden Tages mit meiner Arbeit zufrieden sein.
Das erste Mal am Beifahrersitz
Mein erstes Rennen war 1996 in Oberösterreich, im kleinen Fiat Cinquecento. Wir sind glorreiche Letzte geworden. Das war eigentlich nicht mein Anspruch, aber die Veranstaltung war so cool, dass ich "Feuer gefangen" habe. Danach habe ich unterschiedliche Fahrer begleitet, immer wieder auch meine damaligen Kollegen aus der ÖAMTC Fahrtechnik. Viele Instruktoren waren und sind Motorsportler:innen.
Was es braucht, um Co-Pilot:in zu werden
Im Kern geht’s darum, den:die Fahrer:in zu unterstützen. Vor und beim Rennen. Gemeinsam fahren wir im Vorfeld die Sonderprüfungen ab und ich halte verschiedene Parameter schriftlich fest, damit sich der Pilot beim Rennen voll und ganz aufs Fahren konzentrieren kann. Für alle, die den Rallye-Jargon nicht kennen: Eine Sonderprüfung ist übrigens ein Teil der Strecke, der so schnell wie möglich absolviert werden muss. Als Co-Pilotin unterstütze ich mit exakten Ansagen und einer Zeitmessung. Ich bin aber auch für organisatorische Aufgaben zuständig.
Um in der Rolle gut sein zu können, braucht es Konzentration, Schnelligkeit und Genauigkeit.
Du unterstützt den:die Fahrer:in, voll und ganz. Wenn du dich zeitlich irrst, drohen Zeitstrafen und das wirkt sich böse aufs Endergebnis aus. Wenn du also einen Fehler machst, bist du in der Verantwortung. Das muss man wissen. Abgesehen davon bist du als Co-Pilotin im Hintergrund tätig – das ist nichts für Leute, die im Mittelpunkt stehen wollen.
Speed und Power
Mir taugt das Gesamtkonzept. Es ist reizvoll, das Zusammenspiel zwischen Technik und Fahrer:innen zu erleben und Teil von etwas Größerem zu sein – Motorsport ist ja auch immer Teamarbeit. Die Begeisterung und Freude des Publikums zu sehen, reißt mich immer wieder aufs Neue mit. Und sicher, auch das schnell fahren reizt mich: Wir sind manchmal bis 185 km/h durch den Wald unterwegs. Was extrem Spaß macht sind weitgezogene Kurven. Da entsteht ordentlich Speed. Und für das Publikum ist es auch reizvoll dabei zuzuschauen.
Gefährliche Situationen
Es gab Unfälle, eh klar. Richtig gefährlich wurde es aber zum Glück nicht. Die Sicherheitsausstattung der Autos ist mittlerweile auf immens hohem Niveau, sodass wir uns nie verletzt haben – abgesehen von meinem Ego vielleicht (Cathi schmunzelt). Oft sind es eher elektronische Ausfälle. Die Autos sind heutzutage wie Panzer. Du sitzt in einem schmalen, gesicherten Sitz mit Fünffach-Gurt und Verstrebungen durchs ganze Auto. Wie stabil die Rallye-Boliden sind zeigt eine Anekdote:
Vor einer Veranstaltung wurde ich mal mehrfach vor einer Sonderprüfung gewarnt. Mein Fahrer war ein extrem schneller, also war mir klar, das könnt' tatsächlich brenzlig werden. Wir haben tatsächlich sehr zügig zwei Kurven geschnitten, das Auto kippte und wir sind am Seitenspiegel gelandet. Dank unserer Zuschauer:innen sind wir rasch wieder auf die Reifen gestellt worden und weitergefahren. Wir waren davon überzeugt, dass uns der Unfall nicht nur Zeit, sondern auch die Karosserie gekostet hat. Wir kommen also demotiviert ins Ziel und einer unserer Mechaniker erwartet uns mit einem riesigen Grinsen und den Worten "schauts ned so, is eh nix". Wir konnten das gar nicht glauben – der Wagen hatte nur eine kleine Delle und der Spiegel war kaputt. Das war schon witzig.
Übrigens: Das war ein Mitsubishi (Cathi grinst).
Angst kam bei mir am Beifahrersitz aber noch nie auf, großer Respekt schon. Wenn deine Gedanken erstmal zum Fliegen beginnen, und die Konzentration nachlässt, ist es zu spät. Sicher, es gibt immer mal wieder Stellen, wo du dir denkst, das lassen wir hoffentlich aus. Einer Freundin von mir, Ilka Minor, ist das kürzlich erst bei der 'Jänner-Rallye' passiert: Sie sind vor uns gestartet und in einen Teich gefallen. Das braucht man wirklich nicht. Zum Glück ist nichts passiert.
Über die Portraitserie "Was mich antreibt"
Bei uns arbeiten Menschen in verschiedenen Bereichen. So vielfältig die Aufgaben, so divers sind auch die Persönlichkeiten unserer Kolleg:innen. Was treibt sie im Leben an? Woraus ziehen sie ihre Motivation? Wie sind sie zum ÖAMTC gekommen? All das und noch viel mehr erfährst du hier. Die Fotografien stammen von unserem Kollegen Matthias Fenzl. Das Gespräch führte Sandra Schmid.
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